Offene Meere und die Jugendstilstadt Ålesund
Häfen:
Florø | 04:30 | 04:45 |
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Måløy | 06:45 | 07:30 |
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Torvik | 10:20 | 10:45 |
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Ålesund | 12:00 | 15:00 |
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Molde | 17:30 | 18:30 |
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Kristiansund | 22:00 | 23:00 |
Richtig fest geschlafen hatte ich nicht. Zuerst schlingerte das Schiff längere Zeit bei unruhiger See. Nicht so stark, um seekrank zu werden, aber es reichte aus, um den Schlaf der Landratte zu unterbrechen. Gegen 6 Uhr war ich jedoch munter, schnappte meinen Fotorucksack mit Stativ und begab mich auf Deck 5. Es war stockdunkel. Als einzige Lichtquellen erwiesen sich Bojen- und die Schiffsmarkierungsleuchten. Grün leuchtete es steuerbord und rot an backbord. Ein erster Rundgang bewies meine Vermutung – ich war allein. Gegen 6:30 Uhr näherte sich ein gut beleuchtetes Schiff backbord - die MS „Nordnorge“ auf südgehender Route. Für ein Foto reichte das Licht nicht aus. Petra erschien mit den dampfenden Kaffeepötten, gerade noch rechtzeitig, als wir die riesige Bogenbrücke unterquerten und den Hafen von Måloy erreichten, unsere erste Station. Vom Winter keine Spur. Das Thermometer am Heck zeigte 7°C, es regnete und ein unangenehmer Wind pfiff die Reling entlang. Den ersten Urlaubstag kann man sich sicher schöner vorstellen. Trotzdem war das Anlegemanöver höchst interessant. Zuerst brüllten die Schiffsmotoren auf, der Kapitän dirigierte das Schiff an den Kai, eine dünne Leine wurde zum Hafen hinunter geworfen, mit deren Hilfe das dicke Anlegetau zum Poller gezogen werden konnte. Dann war die „Polarlys“ angegurtet, der Be- und Entladevorgang konnte beginnen, einige Passagiere, die das Schiff als Fähre benutzten, stiegen ebenfalls zu. Die Hurtigruten sind eben ein Postschiffe und haben demzufolge eine Reihe von Transportaufgaben, neben dem Tourismus, zu erfüllen. Vorn, direkt unter der Brücke, ließ es sich aushalten, denn der Regen erwischte uns nicht. Diese Prozedur des Be- und Entladens würde uns nun die nächsten elf Tage begleiten. Und sicher gibt es dann auch mal besseres Wetter. Wir warteten noch das Ablegen ab und gingen dann ins Restaurant zum Frühstücken. Viele reisende hatten sich noch nicht eingefunden, sicher nutzten sie die ruhige Fahrt jetzt, um noch eine Mütze voll Schlaf zu nehmen. Das Angebot war vielfältig und lecker, sogar an das typische norwegische Knäckebrot war gedacht. Beim genüsslichen Genießen der Speisen und des Kaffee’s sahen wir durch die Fenster, wie sich der Morgen langsam die Dämmerung vertrieb. So standen wir aufgewärmt und gesättigt, eine Stunde später wieder auf Deck 5. Durch den Nebel sah man deutlich die Umrisse der riesigen Berge an der Küstenlinie. Bei diesem Anblick glaubt man schon an Trolle, die hier im Lande ihr Unwesen treiben. Aber sie schaden nur den Menschen, die nicht den nötigen Respekt zeigen. Uns waren sie stets wohlgesonnen. So ähnlich ist es doch auch mit der Natur. Wer denkt, er kann sie beherrschen, dem wird sie eines Besseren belehren. In diesem Sinne ist Troll nur ein Synonym für Natur.
Um 9:45 Uhr legten wir in Torvik an. Da die Sonne den Kampf um das Licht noch nicht gewonnen hatte, entschieden wir, uns bei einer Tasse Kaffee aufzuwärmen. Zum Landgang war die Zeit viel zu kurz und den Ladevorgang hatten wir in Måløy schon gesehen. Außerdem sollten wir mittags in Ålesund sein und ich wollte mir im Reiseführer noch die wichtigsten Eckdaten dieser Stadt ansehen. Wichtig war für uns der Aufstieg zum Aksla, dem Hausberg von Ålesund. Den durften wir nicht verpassen, es waren aber auch drei Stunden Liegezeit im Hafen. Im Internet hatte ich von einem Paar gelesen, die mehrmals im Winter versuchte, den Aksla zu besteigen, jedesmal allerdings wegen meterhohem Schnee auf den Treppen den Versuch abbrechen mussten. Das dürfte bei uns nicht passieren, denn die Küste war weitestgehend schneefrei, maximal eine dünne Schneeschicht hatte die Berge verzuckert. Und genau so sah Ålesund aus, als wir uns dieser Jugendstilhausstadt näherten. Das Mittagessen war wegen dieser Ankunft schon auf 11:30 Uhr vorgezogen worden und wir gehörten zu den ersten, die im Restaurant Platz nahmen.
Wir fanden die Stufen zum Aksla auch sehr schnell. Eigentlich mussten wir nur dem Hauptstrom der Hurtigruter folgen, die sicher das gleiche Ziel hatten. 418 Stufen + 53 stand am unteren Wegweiser.
Das war schon eine kleine körperliche Ertüchtigung, ein feiner Ausgleich für die bewegungsarme Zeit an Deck, auch wenn wir auf Deck 5 ständig unsere Runden drehten. Übrigens ähnlich wie die Mannschaft, die uns ständig dabei begleitete. Ob dies nun eine Dienstanweisung war oder ob sie sich freiwillig diesem Sport hingaben, haben wir leider nicht herausbekommen. Sinn macht es auf jeden Fall, denn so ein Schiff hat nur begrenzte Fläche und irgendwie benötigt jeder Mensch seinen „Auslauf“. Nicht umsonst gehörten wir zu der Gruppe, die nahezu in jeder Hafenstadt das Schiff verließ und sich die Beine vertrat.
Wir hatten noch nicht richtig durchgeatmet, als ein Regenschauer mit Hagel und böigem Wind loslegte. An Fotografieren war erst einmal nicht zu denken, wir suchten einen Unterstand. Auch das ist Norwegen, das Wetter ändert sich eben schnell. Wir warteten eine Pause ab und machten uns an den Abstieg. Und wie so oft im Leben: Genau in diesem Moment verzogen sich die Wolken und die Sonne erschein, tauchte Hafengelände und Ålesund in schönstes Licht. Gott sei Sank waren wir noch nicht ganz unten, so dass doch noch einige schöne Schnappschüsse entstanden. Den abschließenden Stadtbummel mussten wir abbrechen, denn es zogen erneut schwarze Wolken auf. Wir eilten der Polarlys entgegen und schafften es gerade noch durch die Schleuse, bevor der Himmel wieder seine Schleusen öffnete und Hagel sowie Sturzregen auf uns herniederprasselten. Ist eben Winter. Allerdings verliert so ein Unwetter seinen Schrecken ganz schnell, wenn man es bei heißem Kaffee aus dem Fenster beobachten kann. Wir waren gerade auf dem Weg nach Molde, als die Sonne wieder durch die Wolkendecke lugte. Ein Grund, sich die Montur anzulegen und Deck 5 aufzusuchen. In der Zwischenzeit hatten sich stets die gleichen „Outdoorer“ hier versammelt, zumeist Fotografen. Auch Margit und Margitta turnten zwischen den Decks herum, Hannelore beobachtete die verschiedenen Lichtstimmungen und Andrea, die mit ihrer Nikon auf Motivsuche ging, war ebenfalls bei Wind und Wetter an Deck. Auch wenn es zeitweise sehr stürmisch und feucht war, die zeit ist einfach zu schade, nur im Inneren des Schiffes zu verbringen. Wie sagen wir Ornithologen stets: Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur unpassende Kleidung. Und immerhin müssen es die Piepmätzer auch bei Wind und Wetter da draußen aushalten.
Obwohl wir Molde schon 17:45 Uhr erreichten, war es schon so finster, dass gute Aufnahmen nur noch mit ISO 1000 gelangen. Ein Stativ hilft bei einem fahrenden Schiff nicht weiter, da der Küstenbereich ständig in Bewegung ist. Will man nicht nur Wasser fotografieren, benötigt man auch etwas mehr Brennweite. Schon bei Blende 8 war 1/40 s die kürzeste Belichtung. Das Prinzip der Langzeitbelichtung funktioniert an Bord nicht. Und bei derart hohen ISO-Zahlen neigt die Canon zunehmend zum Rauschen. Ich nehme es mal einfach so als Belegfotos.
Molde ließen wir aus, wir waren schon früher einmal hier. Berühmt ist die Stadt durch seine Rosen und durch den Jazz. Beides ist im Februar nicht zu erwarten. Den Abendbrottisch teilten wir uns mit Herrn Weiland und seiner Tochter Dorothee aus Düsseldorf. Beide hatten wir schon im Flugzeug erlebt, sie saßen auch in der letzten Reihe und waren begeisterte Fotografen. Da gab es genügend Gesprächsstoff. Da es Menü gab, hatten wir zwischen den Gängen genügend Zeit, uns auszutauschen.
Ansonsten war es ein ruhiger Tag, obwohl wir zweimal offenes Mehr kreuzten. Die Passagen Stadhavnet und Hustadhavnet waren zwar schauklig, wir hatten es uns jedoch schlimmer vorgestellt. Trotzdem merkte man beide Fahrten schon am Gang. Man kann also in Norwegen auch taumeln und trotzdem vollkommen nüchtern sein. Kristiansund werden wir verpassen, denn wir kommen erst 22 Uhr dort an. Dann ist es stockdunkel und kaum etwas zu sehen. Da nehmen wir doch lieber eine Mütze voll Schlaf und taumeln in die Kojen. In diesem Sinne – gute Nacht.